Die Moorsoldaten...
Das Moorsoldatenlied
--------------------
(Börgermoorlied)
Wohin auch das Auge blicket,
Moor und Heide nur ringsum.
Vogelsang
uns nicht erquicket,
Eichen stehen kahl und krumm.
Wir sind die Moorsoldaten
und ziehen mit dem Spaten
ins Moor!
Hier in dieser öden Heide
ist das Lager aufgebaut.
Wo wir
fern von jeder Freude
hinter Stacheldraht verstaut.
Wir sind die Moorsoldaten
und ziehen mit dem Spaten
ins Moor!
Morgens ziehen die Kolonnen
in das Moor zur Arbeit hin
Graben bei
dem Brand der Sonne,
doch zur Heimat steht der Sinn.
Wir sind die Moorsoldaten
und ziehen mit dem Spaten
ins Moor!
Heimwärts, heimwärts jeder sehnet,
zu den Eltern, Weib und
Kind.
Manche Brust ein Seufzer dehnet,
weil wir hier gefangen sind.
Wir sind die Moorsoldaten
und ziehen mit dem Spaten
ins Moor!
Auf und nieder gehn die Posten,
keiner, keiner kann hindurch.
Flucht
wird nur das Leben kosten,
vierfach ist umzäunt die Burg.
Wir sind die Moorsoldaten
und ziehen mit dem Spaten
ins Moor!
Doch für uns gibt es kein Klagen,
ewig kann's nicht Winter sein.
Einmal werden wir froh sagen:
Heimat, du bist wieder mein.
Dann ziehn die Moorsoldaten
nicht mehr mit dem Spaten
ins Moor!
Worte: Hans Esser/Wolfgang Langhoff
Melodie: Rudi Goguel
Entstanden ist dieses Lied im August des Jahres 1933 im Konzentrationslager
Börgermoor bei Papenburg anläßlich einer Kulturveranstaltung
("Zirkus Konzentrazani") der Häftlinge.
Dieses Lager wurde Ende Juni 1933 durch das Eintreffen der ersten 90 Häftlinge
aus dem Bezirk Düsseldorf "eröffnet", und war eines der
ersten Konzentrationslager (für politische Häftlinge) des dritten
Reiches.
Insgesamt wurden im Emsland (Umgebung Papenburg) 15 sogenannte Emslandlager
zur "politischen Umerziehung" errichtet:
Börgermoor (Konzentrationslager für politische Gefangene, später
Strafgefangenenlager)
Aschendorfer-Moor (Strafgefangenenlager)
Brual-Rhede (Strafgefangenenlager)
Walchum (Strafgefangenenlager)
Neusustrum (Konzentrationslager für politische Gefangene, später Strafgefangenenlager)
Oberlangen (Strafgefangenenlager, Kriegsgefangenenlager)
Esterwegen (Konzentrationslager für politische Gefangene, später Strafgefangenenlager)
Wesuwe (Kriegsgefangenenlager)
Versen (Kriegsgefangenenlager, Konzentrationslager/Aussenlager des Konzentrationslagers
Neuengamme bei Hamburg)
Fullen (Kriegsgefangenenlager)
Gross-Hesepe (Kriegsgefangenenlager)
Dalum (Kriegsgefangenenlager, Konzentrationslager/Aussenlager des Konzentrationslagers
Neuengamme bei Hamburg)
Wietmarschen (Kriegsgefangenenlager)
Bathorn (Kriegsgefangenenlager)
Alexisdorf (Kriegsgefangenenlager)
In den drei Konzentrationslagern Börgermoor, Esterwegen und Neusustrum
wütete 1933 ein wilder und ungeregelter Terror. Die "Schutzhäftlinge"
waren dem Haß und der Verachtung einzelner SS-Aufseher ausgeliefert. Wolfgang
Langhoff, ehemaliger Häftling des Lagers Börgermoor, schildert die
Schrecken dieser Terrorphase in seinem Buch "Die Moorsoldaten".
Zwei der berühmtesten Häftlinge waren der SPD-Landtagsabgeordnete
Ernst Heilmann (Lager Börgermoor) und der Schriftsteller und Nobelpreisträger
Carl von Ossietzky (Lager Esterwegen).
Augenzeugenberichte:
"Im Lager erhielt Heilmann, nachdem er vorher von K. mißhandelt worden
war, eine Kette um den Hals gelegt und wurde gezwungen, wie ein Hund auf Händen
und Füßen zu laufen und gleichzeitig zu bellen. Alsdann wurde er
bellend in die einzelnen Baracken geführt. In jeder Baracke mußte
er rufen: "Ich bin der jüdische Landtagsabgeordnete Heilmann von der
SPD-Fraktion!" In der Baracke 6 wurde er gezwungen, einen das Nazisystem
verherrlichenden Vortrag zu halten, wobei er geschlagen und mit den Füßen
getreten wurde. Nachdem er in dieser Weise durch die Baracken geführt worden
war, brachte ihn K. in den Hundezwinger zu den dort gehaltenen bissigen Schäferhunden.
Auch hier mußte er wie ein Hund auf Händen und Füßen herumkriechen,
wobei ihm die Hunde die Kleider vom Leib rissen."
...
(Auszug aus der Anklageschrift gegen den ehemaligen SS-Mann K. vor dem Schwurgericht
Osnabrück 1948)
"... Der kritische Augenblick meines Besuches trat um 3 Uhr nachmittags
ein. Wir hatten auf mein Begehren in der Kantine der Sträflinge etwas zugenommen,
dann haben wir weiter besichtigt. Um 3 Uhr nachmittags, mitten auf dem großen
Freiplatz zwischen den Baracken, sagte ich zu dem Kommandanten, Standartenführer
Loritz:
"Jetzt wünsche ich Herrn von Ossietzky zu sehen und zeugenlos mit
ihm zu sprechen, den Hamburger Pazifisten und Schriftsteller Ossietzky, den
Nobelpreisträger."
Die umstehenden nahmen eine fast drohende Haltung an, Loritz hochrot im Gesicht,
preßte hervor:
"Wen wollen Sie sehen? Wer ist das?"
"Sie wissen es genau!"
"Kein Häftling dieses Namens ist hier."
"Doch er ist hier, falls er noch lebt. Wir wollen keine Zeit verlieren",
dann lauter, "falls er nicht mehr lebt, mache ich Sie persönlich verantwortlich."
Jetzt schrie Loritz: "Unmöglich, ausgeschlossen, ich weigere mich."
Tamaschke, der Verzweifelung nahe, versuchte, auf mich einzureden. Nun, ein
einziges Mal, entschloß ich mich auch zu dem Kasernenhofton:
"Was ist das für eine verdammte Schweinerei, daß hier Befehle
nicht durchgehen. Sie kennen Ihren Befehl, ich sehe Häftlinge, die ich
zu sehen wünsche und spreche mit ihnen, Sie wissen, um was es geht."
Mehr brauchte der Unteroffizier nicht. Schon lief einer aus dem Gefolge in die
hinterste Baracke.
...
Nach zehn Minuten kamen zwei SS-Leute, die einen kleinen Mann mehr schleppten
und trugen als heranführten.
...
"Melden!" schrie Loritz.
Ein unartikulierter, leider Laut kam aus der Kehle des Gemarterten.
Ich zu Loritz: "Zurück!"
"Herr von Ossietzky", sprach ich ihn an, Ich bringe Ihnen die Grüße
Ihrer Freunde, ich bin Vertreter des Internationalen Kommitees vom Roten Kreuz,
ich bin hier, um Ihnen, soweit es uns möglich ist, zu helfen."
Nichts. Vor mir, gerade noch lebend, stand ein Mensch, der an der äußersten
Grenze des Tragbaren angelangt war.
Kein Wort der Erwiederung.
Ich trat näher. Jetzt füllte sich das noch sehende Auge mit Tränen,
lispelnd unter Schluchzen sagte er:
"Danke, sagen Sie den Freunden, ich sei am Ende, es ist bald vorüber,
bald aus, das ist gut." Und dann noch, ganz leise:" Danke, ich habe
einmal Nachrichten erhalten, meine Frau war einmal hier; ich wollte den Frieden."
..."
(Bericht von Carl J. Burckhardt, Internationales Kommitees des Roten Kreuzes)
--------------
Verwendete Zitatauszüge aus:
- "Die Zerstörung von Recht und Menschlichkeit in den Konzentrations-
und Strafgefangenenlagern des Emslandes 1933-1945, Materialien für den
Geschichtsunterricht"
- "Auf der Suche nach den Moorsoldaten. Emslandlager 1933-1945"
Weitere Informationen über die Emslandlager:
Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) Emslandlager e.V.
Wiek rechts 22
26871 Papenburg
Postfach 1132
26851 Papenburg
Tel.: 04961-9916306
Öffnungszeiten DI-FR und SO 10.00 bis 17.00 Uhr
-----------------------