Das KZ Husum-Schwesing
-- Eine Spurensuche --

Zur Bildbeschreibung bitte den Mauszeiger auf das Foto schieben...  
Das Konzentrationslager Husum-Schwesing war ein Aussenlager des KZ Neuengamme (Hamburg).
Obwohl Husum-Schwesing nocht in Dithmarschen, sondern in Nordfriesland liegt, habe ich mich entschlossen,das ehemalige Lagergelände und dessen Geschichte hier vorzustellen.



Der frisch gefallene Schnee knirschte unter meinen Schuhsohlen.


Foto: Ein Blick über die alte Lagerstrasse. Im Vordergrund, unscharf, ein Tannenzweig.


Es ist Ende Dezember 2002. Ich betrat die ehemalige Lagerstrasse des Konzentrationslagers Schwesing. Der Ort Schwesing liegt in Nordfriesland/ Schleswig-Holstein und ist nur wenige Kilometer von der "Grauen Stadt am Meer", Husum, entfernt.

Foto: Ein Blick über die Lagestrasse.

Es war eines der "kleinen" Konzentrationslager des "Dritten Reiches" und es war "nur" drei Monate "in Betrieb".

Für die 2500 Häftlinge drei Monate, die sie ihr Leben lang nicht vergessen. Sie kamen aus Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritanien, Italien, Jugoslawien, Niederlande, Polen, der Sowjetunion, aus Spanien, der Tschechoslowakei und Ungarn.

Schwesing war kein Vernichtungslager wie Auschwitz, Dachau oder Maidanek. Es war ein politisches Lager in denen die Gegner des NS-Regimes eingesperrt wurden.
Das Lager Schwesing ist, ursprünglich, bereits im Jahre 1938/1938 für den "Reichsarbeitsdienst" zum Bau des benachbarten Flugplatzes für 200-250 Personen errichtet worden. Am 25. September 1944 wurde es als "Aussenlager" des KZ Neuengamme/Hamburg ohne Erweiterungsbauten für die 10fache Personenzahl reaktiviert.

Foto: Ein Blick über die Lagerstrasse.

Am 23.8.1944 befahl die NS-Regierung den Bau des sogenannten "Friesenwalls", einer Abwehrbarriere entlang der deutschen Nordseeküste.
Es wurden Arbeitskräfte benötigt, welche das KZ Neuengamme bereitstellte. Es entstand das Barackenlager Schwesing.
Zunächst für 400 Häftlinge gebaut, wurden politische KZ-Häftlinge aus Neuengamme zum ausheben des "Friesenwalls" gezwungen.

Foto: Ein Blick über das Lagergelände und quer über die Lagerstrasse.

Sie waren der Willkür ihrer Bewacher schutzlos ausgeliefert.
Insgesamt starben mehr als 300 Häftlinge an der unzureichenden Ernährung, Unterbringung, medizinischen Versorgung und an den Folgen grausamer "Strafen". Olde Lorenzen (s.u.) geht, in seinem Buch "Macht ohne Moral", gar von 500 Toten aus.
Zwischen den Toilettenbaracken des Lagers steht, noch immer, der Lagerhydrant. Auf ihm mußte ein Häftling einen Tag lang sitzen und, wie ein Hahn, krähen - er hatte, vor Hunger, eine Rübe gestohlen.

Foto: Der Lagerhydrant.

Jahrzehntelang wurden die Vorkommnisse und die Existenz des Lagers verschwiegen. Man redete ganz einfach nicht mehr darüber...
Bis zu dem Tag, an dem der Husumer Klaus Bästlein durch einen reinen Zufall doch etwas von dem KZ erfuhr und selbst mit Nachforschungen begann. Es wurde eine Arbeitsgruppe gegründet, welche die Geschichte der nordfriesischen Konzentrationslager erforschte. Diese Arbeitsgrupee knüpfte Kontakte zu den ehemaligen Häftlingen und organisierten eine, bis heute, nachhaltige Veranstaltung.
Am 30.1.1983, zum Jahrestag der "Machtergreifung Hitlers", berichteten einige Überlebende des Lagers öffentlich über ihre Erlebnisse.

"In Husum war von Anfang an klar, daß wir hier einem Leben ausgesetzt sein würden, das mit dem in Neuengamme nicht zu vergleichen war, einem teuflischen System der Vernichtung, entsetzlicher als jede der Menschheit bekannte Form der Sklaverei.", so beschrieb der ehemalige Häftling John Vanderliet-Awick die Situation im Lager anläßlich der Einweihungsfeier des Denkmals am 27.11.1987.
 

Foto: Die Informationstafel, am Parkplatz, mit dem Luftbild des Lagers.

Im Jahr 1985 war es dann soweit:

Der Kreis Nordfriesland erwarb, nach und nach, bis auf den Teil, auf denen die ehemaligen Küchenbaracken stehen, das Gelände zurück.
Seit dieser Zeit ist der Bildhauer und Architekt Ulrich Lindow mit der Betreuung und Gestaltung des Geländes vom Kreis Nordfriesland beauftragt.
In den letzten Jahren haben auch Husumer Schülerinnen und Schüler daran mitgewirkt.

Foto: Der Gedächtnissplatz - Zur Besinnung und zum Niederlegen der Kränze.

So entstand ein Gedächtnissplatz und ein Backsteingebäude, in dem der Besucher die beklemmende Enge des "Eingesperrtseins" nachvollziehen kann.

Foto: Das Backsteingebäude aus rotem Ziegelstein, rechts ein langer, hochgemauerter Gang, der zu einem Quergebäude führt.

Dort ist auch ein Modell des Lagers, nach einem alten Luftbild, zu besichtigen.

Foto: Eingang des Ganges - Nichtverschlossene Gittertüren, dahinter ein vergittertes Fenster durch das man in das Gebäude blicken kann.

Über 300 Menschen, die genaue Zahl ist bisher nicht bekannt, starben in diesem Lager. Von 297 Opfer sind die Namen bekannt, welche, seit Herbst 2002, auf 297 rostig-roten Metall-Stelen auf dem gelände, wahllos aufgestellt, eingraviert sind.

297 Namen.

297, jetzt nicht mehr anonyme, Opfer. Menschen, welche von Menschen ermordet wurden.

Foto: Eine Metallstele mit einem Namen eines niederländischen Häftlings.

Man muß ganz genau hinsehen, um die Namen zu entziffern.
Man muß sich mit den Tafeln, den Namen, beschäftigen - Ja, im wahrsten Sinne des Wortes, sie manchmal auch ertasten.

Foto: Blick über das Stelenfeld.

Foto: Blick über das Stelenfeld.

Foto: Blick über die Lagerstrasse zum Hydranten. Im Vordergrund Reste einer Grundmauer.

Foto: Blick von der Lagerstrasse, über die Grundmauern der Toilettenbaracken zum Stelenfeld.

Foto: Blick über die Reste der Toilettenbaracken zum Stelenfeld. Dazwischen ein Baum.

Es ist Ende Dezember 2002.
58 Jahre nach den Geschehnissen, welche sich hier, in diesem kleinen Konzentrationslager, abgespielt haben.
Diese Geschehnisse dürfen sich nie wiederholen.

Weitere Informationen zum Thema sind auf der Webseite "Konzentrationslager Husum-Schwesing" der Internet-Enzyklopädie 'PlusPedia' nachzulesen.
 

 Danksagung an Herrn Dr. Konrad Grunsky von der Stiftung Nordfriesland/ Kulturamt des Kreises Nordfriesland für die Korrekturlesung.
Literaturempfehlung:
- "Macht ohne Moral - Vom KZ Husum-Schwesig zum Mahnmal für die Opfer", Olde Lorenzen, Verlag Boyens & Co.