Die folgende Predigt des Bischofs Clemens August Graf von Galen führte
dazu, daß es im "Dritten Reich" zu erheblichen Unruhen kam,
da der Münsteraner Bischof die Euthanasie-Aktion "T4" auf das
schärfste als Massenmord unschuldiger Menschen betitelte. Somit wurde,
am 24. August 1941 die "
"-Aktion offiziell
beendet.
Sie lief jedoch, als "Reichsausschuss" getarnt, weiter.
Bis zum 24. August 1941 wurden über 70.000 Menschen mit Behinderungen "offiziell"
ermordet.
Nach dem 24. August 1941 sind, nach Schätzungen nochmals 80.000 Menschen
mit Behinderungen ermordet worden.
Ich muß leider mitteilen, daß die GStP auch in dieser Woche ihren Vernichtungskampf gegen die katholischen Orden fortgesetzt hat.
Am Mittwoch, dem 30. Juli, hat die GStP das Provinzialhaus der Schwestern "Unserer Lieben Frau" in Mülhausen, Kreis Kempen, das früher zum Bistum Münster gehörte, besetzt und für aufgehoben erklärt. Die Schwestern, von denen viele aus unserem Bistum stammen, wurden zum größten Teil ausgewiesen und mußten noch
am gleichen Tage den Kreis verlassen.
Nach glaubwürdigen Nachrichten ist am Donnerstag, dem 31 Juli, das Kloster
der Missionare von Hiltrup in Hamm ebenfalls von der GStP besetzt und beschlagnahmt worden. Die dort weilenden Patres sind ausgewiesen.
Ich habe bereits am 13. Juli hier in der Lambertikirche nach der Vertreibung
der Jesuiten urd Missionsklarissen aus Münster öffentlich festgestellt: Keiner der Bewohrer der Klöster ist eines Vergehens oder Verbrechens beschuldigt, vor Gericht angeklagt oder gar verurteilt.
Wie ich höre, werden jetzt in Münster Gerüchte verbreitet, daß diese Ordensleute, insbesondere die Jesuiten, doch wegen gesetzwidriger Vorfehungen, ja sogar wegen Landesverrat angeklagt oder sogar überführt seien.
Ich erkläre: Das ist eine gemeine Verleumdung deutscher Volksgenossen, unserer Brüder und Schwestern, die wir uns nicht gefallen lassen.
Gegen einen Burschen, der vor Zeugen es wagte, derartiges zu behaupten, habe ich bereits Strafanzeige bei dem Herrn Oberstaatsanwalt erstattet. Ich spreche die Erwartung aus, daß der Mann schleunigst zur Verantwortung gezogen wird, und daß unsere Gerichte noch den Mut haben, Verleumder, die es wagen, unbescholtenen deutschen Volksgenossen, nachdem ihnen schon ihr Eigentum genommen wurde auch noch die Ehre zu rauben, zur Verartwortung zu ziehen und zu bestrafen.
Ich fordere alle meine Zuhörer, ja alle anständigen Mitbürger auf, von heute ab, falls in ihrer Gegenwart solche Anschuldigungen gegen die aus Münster ausgewiesenen Ordensleute ausgesprochen werden, sofort der Namen und die Wohnung des Anklägers und der etwa anwesenden Zeugen festzustellen. Ich hoffe, es gibt hier in Münster noch Männer, die den Mut haben, zur gerichtlichen Klarstellung solcher die Volksgemeinschaft vergiftender Beschuldigungen durch offenes Eintreten mit ihrer Person, ihrem Namen, nötigenfalls mit ihrem Eide mitzuwirken. Diese bitte ich, falls vor ihnen solche Beschuldigungen gegen unsere Ordersleute ausgesprochen werden alsbald bei ihrem
Pfarrer oder auch beim Bischöflichen Generalvikariat das zu melden und zu Protokoll geben.
Ich hin es der Ehre unserer Ordensleute, der Ehre unserer katholischer Kirche und auch der Ehre unseres deutschen Volkes und unserer Stadt Mürster schuldig, daß ich durch Strafanzeige bei der Staatsarwaltschaft für die gerichtliche Klarstellung des Tatbestandes und für die Bestrafung gemeiner Verleumder unserer Ordensleute Sorge trage.
(Es folgt die Verlesung des Tagesevageliums nach Lukas 19, Vers 41-47)
Meine lieben Diözesaner! Eine erschütternde Begebentleit ist es, die das heutige Snnntagsevangelium berichtet: Jesus weint!
Der Sohn Gottes weint! Wer weint, der leidet Schmerzen, Schmerzen am Leibe oder am Herzen.
Jesus litt damals nicht dem Leibe nach und doch weinte er. Wie groß muß der Seelenschmerz, das Herzensweh dieses tapfersten der
Männer geweser sein, daß er weinte!
Warum weinte er? Er weinte über Jerusalem, über die heilige, ihm so teuere Gottesstadt, die Hauptstadt seines Volkes.
Er weinte über ihre Bewohner, seine Volksgenossen, weil sie nicht erkennen wollten, was allein die vor seiner Allwissenheit vorausgesehenen, von seiner göttlichen Gerechtigkeit vorausbestimmter Strafgerichte abwenden könnte: "Wenn du es doch erkenntest, was dir zum Frieden dient!"
Warum erkennen es die Bewohner vor Jerusalem nicht?
Nicht lange vorher hat Jesus es ausgesprochen: "Jerusalem, Jerusalem, wie oft wollte ich deine Kinder versammeln, Wie eine Henne ihre Küchlein unter ihre Flügel sammelt. Aber du hast nicht gewollt!" (Luk. 3,34).
Du hast nicht gewollt. Ich, dein König, dein Gott, ich wollte!
Aber du hast nicht gewollt. We geborgen, wie behütet, wie beschützt ist das Küchlein unter den Flügeln der Henne; sie wärmt es, sie nährt es, sie verteidigt es. So wollte ich dich beschützen, behüten, gegen jedes
Ungemach verteidigen. Ich wollte! Du hast nicht gewollt!
Darum weint Jesus, darum weint dieser starke Mann, darum weint Gott. Über die Torheit, über das Unrecht, über das Verbrechen des "Nichtwollens". Und über das daraus entstehende Unheil, das seine Allwissenheit kommen sieht, das seine Gerechtigkeit verhängen muß, wenn der Mensch den Geboten Gottes, allen Mahnungen seines Gewissens, allen liebevollen Einladungen des göttlichen Freundes, des besten Vaters, sein Nichtwollen entgegensetzt: "Wenn du es doch erkentest, noch
heute, an diesem Tage, was dir zum Frieden dient! Aber du hast nicht gewollt!" Es ist etwas Furchtbares, etwas unerhört Ungerechtes
und Verderbenbringendes, wenn der Mensch seinen Willen gegen Gottes Willen stellt! Ich wollte! Du hast nicht gewollt! Darum weint Jesus über Jerusalem.
Andächtige Christen! In dem am 6. Juli dieses Jahres in allen kaholischen Kirchen Deutschlands verlesenen gemeinsamen Hirtenbrief der
deutschen Bischöfe vom 26 juni 1941 heißt es unter anderem:
"Gewiß
gibt es nach der katholischen Sittenlehre positive Gebote, die nicht mehr verpflichten, wenn ihre Erfüllung mit allzu großen Schwierigkeiten verbunden wäre. Es gibt aber auch heilige Gewissensverpflichtungen von denen niemand uns befreien kann, die wir erfüllen müssen, koste es, was es wolle, koste es uns selbst das Leben. Nie, unter keinen Umständen darf der Mensch außerhalb des Krieges und der gerechten Notwehr einen Unschuldigen töten."
Ich hatte schon am 6. Juli Veranlassung, diesen Worten des gemeinsamen Hirtenbrifes folgende Erläuterung hinzuzufügen:
"Seit einigen Monaten hören wir Berichte, daß aus Heil- und Pflegeanstalten
für Geisteskranke auf Anordnung von Berlin Pfleglinge, die schon länger krank sind und vielleicht unheilbar erscheinen, zwangsweise abgeführt werden Regelmäßig erhalten dann die Angehörigen nach kurzer Zeit die Mitteilung, der Kranke sei verstorben, die Leiche sei verbrannt, die Asche könne abgeliefert werden. Allgemein herrscht der an Sicherheit grenzende Verdacht, daß diese zahlreichen unerwarteten Todesfälle von Geisteskranken nicht von selbst eintreten, sondern absichtlich herbeigeführt werden, daß man dabei jener Lehre folgt, die behauptet man dürfe sogenanntes "lebensunwertes Leben vernichten, also unschuldige Menschen töten, wenn man meint, ihr Leben sei für Volk und Staat nichts mehr wert. Eine furchtbare Lehre, die die Ermordung Unschuldiger rechtfertigen will, die die gewaltsame Tötung der nicht mehr arbeitsfähigen Invaliden, Krüppel, unheilbar Kranken, Altersschwachen grundsätzlich freigibt!"
Wie ich zuverlässig erfahren habe, werden jetzt auch in den Heil- und Pflegeanstalten der Provinz Westfalen Listen aufgestellt von solchen Pfleglingen, die als sogenannte "unproduktive" Volksgenossen abtransportiert und in kurzer Zeit ums Leben gebracht werden sollen.
Aus der Anstalt Marienthal bei Münster ist im Laufe dieser Woche der erste Transport abgegangen.
Deutsche Männer und Frauen! Noch hat Gesetzeskraft der §211 des Reichsstrafgesetzbuches, der bestimmt:
Wer vorsätzlich einen Menschen
tötet, wird, wenn er die Tötung mit Überlegung ausgeführt
hat, wegen MORDES mit dem Tode bestraft."
Wohl um diejenigen, die jene armer Menschen, Angehörige unserer Fami1ien,
vorsätzlich töten, vor dieser gesetzlichen Bestrafung zu bewahren,
werden die zur Tötung bestimmten Kranken aus der Heimat abtransportiert
in eine entfernte Anstalt. Als Todesursache wird dann irgendeine Krankheit angegeben. Da die Leiche sofort verbrannt wird, können die Angehörigen und auch die Kriminalpolizei es hinterher nicht mehr feststellen, ob die Krankheit wirklich vorgelegen hat und welche Todesursache vorlag.
Es ist mir aber versichert worden, daß man im Reichsministerium des Innern
und auf der Dienststelle des Reichsärzteführers Dr. Conti gar kein Hehl daraus mache, das tatsächlich schon eine große Zahl von Geisteskranken in Deutschland vorsätzlich getötet worden ist und in Zukunft getötet werden soll.
Das Reichsstrafgesetzbuch bestimmt in § 139:
"Wer von dem Vorhaben eines Verbrechens wider das Leben glaubhafte Kenntnis erhält und es unterläßt, der Behörde oder dem Bedrohten hiervon zur rechten Zeit Anzeige zu machen, wird bestraft."
Als ich von dem Vorhaben erfuhr, Kranke aus Marienthal abzutransportieren, um sie zu töten, habe ich am 28. Juli bei der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Münster und bei dem Herrn Polizeipräsidenten in Münster Anzeige erstattet durch eingeschriebenen Brief mit folgendem Wortlaut:
"Nach mir zugegangenen Nachrichten soll im Laufe dieser Woche (man spricht
vom 31 Juli) eine große Anzahl Pfleglinge der Provinzialheilanstalt Manenthal bei Münster als sogenannte "unproduktive Volksgenossen" nach der Heilanstalt Eichberg überführt werden, um dann alsbald, wie es nach solcher Transporten aus anderen Heilanstalten nach allgemeiner Überzeugung geschehen ist, vorsätzlich getötet zu werden.
Da ein derartiges Vorgehen nicht nur dem göttlichen und natürlichen Sittengesetz widerstreitet, sondern auch als Mord nach § 211 des Reichsstrafgesetzbuches mit dem Tode zu bestrafen ist, erstatte ich gemäß § 139 des Reichsstrafgesetzbuches pflichtgemäß Anzeige und bitte, die bedrohten Volksgenossen unverzüglich durch Vorgehen gegen die den Abtransport
und die Ermordung beabsichtigenden Stellen zu schützen und mir von dem Veranlaßten Nachricht zu geben."
Nachricht über ein Einschreiten der Staatsanwaltschaft oder der Polizei ist mir nicht zugegangen.
Ich hatte bereits am 26. juli bei der Provinzialverwaltung der Provinz Westfalen, der die Anstalten unterstehen, der die Kranken zur Pf1ege und Hei1ung anvertraut sind, schriftlich ernstesten Einspruch erhoben.
Es hat nichts genützt.
Der erste Transport der schuldlos zum Tode Verurteilten ist von Marienthal abgegangen. Und aus der Heil- und Pflegeanstalt Warstein sind, wie ich höre, bereits 800 Kranke abtransportiert worden.
So müssen wir damit rechnen, daß die armen, wehrlosen Kranken über kurz oder lang umgebracht werden.
Warum?
Nicht weil sie ein todeswürdiges Verbrechen begangen haben!
Nicht etwa, weil sie ihren Wärter oder Pfleger angegriffen haben, so daß diesem
nichts anderes übrigblieb, als daß er zur Erhaltung des eigenen Lebens in gerechter Notwehr dem Angreifer mit Gewalt entgegentrat.
Das sind Fälle, in denen neben der Tötung des bewaffneten Landesfeindes
im gerechten Kriege Gewaltanwendung bis zur Tötung erlaubt und nicht selten geboten ist.
Nein, nicht aus solchen Gründen müssen jene unglücklichen Kranken sterben, sondern darum, werl sie nach dem Urteil irgendeines Amtes, nach dem Gutachten irgendeiner Kommission lebensunwert geworden sind, weil sie nach diesem Gutachten zu den "unproduktiven" Volksgenossen gehören. Man urteilt: Sie können nicht mehr Güter produzieren, sie sind wie eine alte Maschine, die nicht mehr läuft, sie sind wie ein altes Pferd, das unheilbar Lahm geworden ist, sie sind wie eine Kuh, die nicht mehr Milch gibt.
Was tut man mit solch alter Maschine? Sie wird verschrottet. Was tut man mit einem lahmen Pferd, mit solch einem unproduktiven Stück Vieh?
Nein, ich will den Vergleich nicht bis zu Ende führen, so furchtbar seine Berechtigung ist und seine Leuchtkraft.
Es handelt sich hier ja nicht um Maschinen, es handelt sich nicht um Pferd oder Kuh, deren einzige Eestimmung ist, dem Menschen zu dienen, für den Menschen Güter zu produzieren.
Man mag sie zerschlagen, man mag sie schlachten, sobald sie diese Bestimmung nicht mehr erfüllen. Nein, hier handelt es sich um Menschen, unsere Mitmenschen, unsere Brüder und Schwestern. Arme Menschen, kranke Menschen, unproduktive Menschon meinetwegen.
Aber haben sie damit das Recht auf das Leben verwirkt? Hast du, habe ich nur solange das Recht zu leben, solange wir produktiv sind, solange wir von anderen als produkiv anerkannt werden?
Wenn man den Grundsatz aufstellt und anwendet, daß man den "unproduktiven" Mitmenschen töten darf, dann wehe uns allen, wenn wir alt und altersschwach werden! Wenn man die unproduktiven Mitmenschen töten darf, dann wehe der Invaliden, die im Produktionsprozeß ihre Kraft, ihre gesunden Krochen eingesetzt, geopfert und eingebüßt haben!
Wenn man die unproduktiven Mitmenschen gewaltsam beseitigen darf, dann wehe unseren braven Soldaten, die als schwer Kriegsverletzte,
als Krüppel, als Invaliden in die Heimat zurückkehren.
Wenn einmal zugegeben wird, daß Merschen das Recht haben, "unproduktive" Mitmenschen zu töten, und wenn es jetzt zunächst auch nur arme, wehrlose Geisteskranke trifft, dann ist grundsätzlich der Mord an allen unproduktiven Menschen, also an den unheilbar Kranken, der arbeitsunfähigen Krüppeln, den Invaliden der Arbeit und des Krieges, dann ist der Mord an uns allen, wenn wir alt und altersschwach und damit unproduktiv werden, freigegeben.
Dann braucht nur irgendein Geheimerlaß anzuordnen daß das bei den Geisteskranken erprobte Verfahren auf andere "unproduktive" auszudehnen ist, daß es auch bei den unheilbar Lungenkranken, bei den Altersschwachen, bei den Arbeitsinvaliden, bei den schwerkriegsverletzten Soldaten anzuwenden ist.
Dann ist keiner von uns seines Lebens mehr sicher.
Irgendeine Kommission kann ihn auf die Liste der "unproduktiven" setzen, die nach ihrem Urteil "lebensunwert" geworden sind.
Und keine Polizei wird ihn schützen und kein Gericht seine Ermordung ahnden und den Mörder der verdienten Strafe übergeben.
Wer kann dann noch Vertrauen haben zu einem Arzt? Vieleicht meldet er den Kranken als "unproduktiv" und erhält die Amnweisung, ihn zu töten?
Es ist nicht auszudenken, welche Verwilderung der Sitten, welch allgemeines gegenseitiges Mißtrauen bis in die Familien hineingetragen wird, wenn diese furchtbare Lehre geduldet, angenommen und befolgt wird.
Wehe der Menschen, wehe unserem deutschen Volk, wenn das heilige Gottesgebot:
"Du sollst nicht töten!",
das der Herr unter Donner und Blitz auf Sinai verkündet hat, das Gott unser Schöpfer, von Anfang an in das Gewissen der Menschen geschrieben hat, nicht nur übertreten wird, sondern wenn diese Übertretung sogar geduldet und ungestraft ausgeübt wird!
Ich will euch ein Beispiel sagen von dem, was jetzt geschieht.
In Marienthal war ein Mann von etwa 55 jahren, ein Bauer aus einer Landgemeinde des Münsterlandes, ich könnte euch der Namen nennen, der seit einigen Jahren unter Geistesstörungen leidet und der man daher der Provinzialheil- und Pflegeanstalt Marienthal zur Pfege anvertraut hat.
Er war nicht richtig geisteskrank, er konnte Besuche empfangen und freute sich immer, so oft seine Angehörigen kamen.
Noch vor 14 Tagen hatte er Besuch von seiner Frau und von einem seiner Söhne, der als Soldat an der Front steht und Heimaturlaub hatte.
Der Sohn hängt sehr an seinem kranken Vater. So war der Abschied schwer.
Wer weiß, ob der Soldat wiederkommt, der Vater wiedersieht, denn er kann ja im Kampf für die Volksgenossen fallen. Der Sohn, der Soldat, wird den Vater wohl sicher auf Erden nicht wiedersehen, denn er ist seitdem auf die Liste der "Unproduktiven" gesetzt.
Ein Verwandter, der den Vater in dieser Woche inMarienthal besucher wollte, wurde abgewiesen mit der Auskunft, der Kranke sei auf Anordung des Ministerrats für Landesverteidigung von hier abtransportiert. Wohin, könne nicht gesagt werden.
Den Angehörigen werde in einigen Tager Nachricht gegeben werden.
Wie wird diese Nachricht lauten? Wieder so, wie in anderen Fällen? Daß der Mann gestorben sei, daß die Leiche verbrannt sei?
Das die Asche gegen Entrichtung einer Gebühr abgeliefert werden könne?
Dann wird der Soldat, der im Felde steht und sein Leben für die deutschen Volksgenossen einsetzt, den Vater hier auf Frden nicht wiedersehen, weil deutsche Volksgenossen in der Heimat ihn ums Leben gebracht haben.
Die von mir ausgesprochenen Tatsachen stehen fest.
Ich kann die Namen des kranken Mannes, seiner Frau, seines Sohnes der Soldat ist, nennen und der Ort, wo sie
wohnen.
"Du sollst nicht töten!" Gott hat dieses Gebot in
das Gewissen der Menschen geschrieben, längst ehe ein Strafgesetzbuch den
Mord mit Strafe bedrohte, längst ehe Staatsanwaltschaft und Gericht den Mord verfolgen
und ahndeten. Kain, der seinen Bruder Abel erschlug war ein Mörder, lange bevor es Staaten und Gerichte gab. Und er bekanrte, gedrängt von der Anklage seines Gewissens:
Größer ist meine Missetat als daß ich Verzeihung finden könnte!
Jeder, der mich findet, wird mich, den Mörder töten!" (Gen 4,13).
"Du sollst nicht töten!" Dieses Gebot Gottes, des einzigen
Herrn der das Recht hat, über Leben und Tod zu bestimmen, war von
Anfang an in die Herzen der Menschen geschrieben, längst bevor Gott den Kindern Israels
am Berge Sinai sein Sittengesetz mit jenen lapidaren, in Stein gehauenen
kurzen Sätzen verkündet hat, die uns in der Heiligen Schrift aufgezeichnet
sind, die wir als Kinder aus dem Katechismus auswendig gelernt haben.
"Ich bin der Herr, dein Gott!" So hebt dieses unabänderliche
Gesetz an "Du sollst keine fremden Götter neben mir haben!" Der
einzige überweltliche,
allmächtige, allwissende, unendlich heilige
und gerechte Got hat diese Gebote gegeben, unser Schöpfer und einstiger
Richter!
Aus Liebe zu uns hat er diese Gebote unserem Herzen eingeschrieben und sie uns
verkündet; denn sie entsprechen denn Bedüfniss unserer von Gott geschaffenen Natur; sie sind die unabdingbaren Normen eines vernunftmäßigen,
eines gottgefälligen, eines heilbringenden und heiligen Menschenlebens und Gemeinschaftslebens.
Gott, unser Vater, will mit diesen Geboten uns seine Kinder, sammeln, wie die Henne ihre Küchlein unter ihre Flügel sammelt.
Wem wir Merschen diesen Befehlen, diesen Einladungen, diesem Rufe Gottes folgen, dann sind wir behütet, beschützt, vor Unheil bewahrt, gegen das drohende Verderben verteidigt wie die Küchlein unter den Flügeln
der Henne.
"Jerusajem, Jerusalern, wie oft wollte ich deine Kinder sammeln, wie
die Henne ihre Küchlein unter ihre Fügel sammelt. Aber du hast nicht
gewollt!"
Soll das aufs Neue wahr werden in unserem deutschen Vaterland, in unserer westfälischen
Heimat, in unserer Stadt Münster? Wie steht es in Deutschland, wie steht es hier bei uns mit dem Gehorsam gegen die göttlicher
Gebote?
Das achte Gebot: "Du sollst kein falsches Zeugnis geben, du sollst nicht lügen!" Wie oft wird es frech, auch öffentlich, verletzt!
Das siebente Gebot: "Du sollst nicht fremdes Gut dir aneignen!"
Wessen Eigentum ist noch sicher nach der willkürlichen und rücksichtsloser
Enteignung des Eigentums unserer Brüder und Schwestern, die katholischen Orden angehören?
Wessen Eigenum ist geschützt, wenn dieses widerrechtlich beschlagnahmte
Eigentum nicht zurückerstattet wird?
Das sechste Gebot: ,,Du sollst nicht ehebrechen!" Denkt an die Anweisungen
urd Zusicherungen, die der berüchtigte Offene Brief des inzwischen verschwundenen Rudolf Heß, der in allen Zeitungen veröffentlicht wurde, über den freien Geschlechtsverkehr und die uneheliche Mutterschaft gegeben hat. Und was kam man sonst noch über diesen Punkt auch hier in Münster an Schamlosigkeit und Gemeinheit lesen und beobachten und erfahren! An welche Schamlosigkeit in der Kleidung hat die Jugend sich gewöhnen müssen. Vorbereitung späteren Ehebruchs!
Denn es wird die Schamhaftigkeit zerstört die Schutzmauer der Keuschheit.
Jetzt wird auch das fünfte Gebot: "Du sollst nicht töten!"
beiseitegesetzt und unter den Augen der zum Schutz der Rechtsordnung und des
Lebens verpflichteten Stellen übertreten, da man es sich herausnimmt, unschuldige,
wenn auch kranke Mitmenschen vorsätzlich zu töten, nur weil sie "unproduktiv" sind, keine Güter mehr produzieren können.
Wie steht es mit der Befolgung des vierten Gebotes, das Ehrfurcht und Gehorsam
gegen die Eltern und Vorgesetzten fordert?
Die Stellung der Autorität der Eltern ist schon weithin untergraben und wird mit all den Anforderungen, die gegen der Willen der Eltern der Jugend auferlegt werden, immer mehr erschüttert.
Glaubt man, daß aufrichtige Ehrfurcht und gewissenhafter Gehorsam gegen
die staatriche Obrigkeit erhalten bleiben, wenn man fortfährt, die Gebote der höchsten Obrigkeit, die Gebote Gottes, zu übertreten, wenn man sogar den Glauben an den einzig wahren, überweltlichen Gott, den Herrn des Himmels und der Erde, bekämpft, ja auszurotten versucht?
Die Befolgung der drei ersten Gebote ist ja schon lange in der Öffentlichkeit in Deutschland und auch in Münster weithin engestellt.
Von wie vielen wird der Sonntag nebst den Feiertagen entweiht und dem Dienste Gottes entzogen! Wie wird der Name Gottes mißbraucht, verunehrt und gelästert!
Und das erste Gebot: "Du sollst keine fremden Götter neben mir haben!" Statt des einzig wahren, ewigen Gottes macht man sich nach Gefalleneigene Götzen, um sie anzubeten: Die Natur oder den Staat oder das Volk oder die Rasse. Und wieviele gibt es, deren Gott in Wirklichkeit nach dem Wort des hl. Paulus, "der Bauch ist" (Phil 3, 19), das eigene Wohlbefinden, dem sie alles, selbst Ehre und Gewissen opfern, der Sinnengenuß, der Geldrausch, der Machtrausch! Dann mag man es auch versuchen, sich selbst göttliche Befugnisse anzumaßen, sich zum Herrn zu machen über Leben und Tod der Mitmenschen.
Als Jesus nach Jerusalem kam und die Stadt sah, weinte er über sie und sprach: "Wenn du es doch erkenntest, noch heute, an diesem Tage, was dir zum Frieden dient! Nun aber ist es vor deinen Augen verborgen. Siehe, es werden Tage über dich kommen, wo deine Feinde dich zu Boden schmettern werden, dich und deine Kinder, und in dir keinen Stern auf dem anderen lassen werder, weil du die Tage deiner
Heimsuchung nicht erkannt hast."
Mit seinen leiblichen Augen schaute Jesus damals nur die Mauern und Türme der Stadt Jerusalem, aber göttliche Allwissenheit sah tiefer, erkannte, wie es innerlich mit der Stadt stand und mit ihren Bewohnern: §Jerusalem, wie oft wollte ich deine Kinder sammeln, wie die Henne ihre Küchlein unter ihre Flüge sammelt, aber du hast es nicht gewollt!"
Das ist der große Schmerz, der Jesu Herz bedrückt, der seinen Augen Tränen entlockt. Ich wollte dein Bestes. Aber du willst nicht!
Jesus sieht das Sündhafte, das Furchtbare, das Verbrecherische, das Verderbenbringende dieses "nicht wollen".
Der kleine Mensch, das hinfällige Geschöpt stellt seinen geschaffenen Willen gegen Gottes Willen! Jerusalem und seine Bewohner, sein auserwähltes und bevorzugtes Volk, stellt seinen Willen gegen Gottes Willen!
Trotzt töricht und verbrecherisch dem Willen Gottes.
Darum weint Jesus über die abscheuliche Sünde und über die unausbleibliche Bestrafung. Gott läßt seiner nicht spotten!
Christen von Münster! Hat der Sohn Gottes in seiner Allwissenheit damals nur Jerusalem und sein Volk gesehen? Hat er nur über
Jerusalem geweint? Ist das Volk Israel das einzige Volk, das Gott mit Vatersorge und Mutterliebe umgeben, beschützt, an sich gezogen hat?
Und das nicht gewollt hat? Das Gottes Wahrheit abgelehnt, Gottes Gesetz von sich geworfen und so sich ins Verderben gestürzt hat?
Hat Jesus, der allwissende Gott, damals auch unser deutsches Volk geschaut, auch unser Westfalenland, unser Münsterland, den Niederrhein?
Und hat er auch über uns geweint? Üer Münster geweint? Seit tausend Jahren hat er unsere Vorfahren und uns mit seiner Wahrheit belehrt mit selbem Gesetz geleitet, mit seiner Gnade genährt, uns gesammelt wie die Henne ihre Küchlein unter ihre Flügel sammelt.
Hat der allwissende Sohn Gottes damals gesehen, daß er in unserer Zeit auch über uns das Urteil sprechen muß: "Du hast nicht gewollt!
Seht, euer Haus wirr euch verwüstet werden!" Wie furchtbar wäre das!
Meine Christen! Ich hoffe, es ist noch Zeit aber es ist die höchste Zeit! Daß wir erkennen, noch heute, an diesem Tage, was uns zum Frieden dient, was allein uns retten, vor dem göttlichen Strafgericht bewahren kann: daß wir rückhaltlos und ohne Abstrich die von
Gott geoffenbarte Wahrheit annehmen und durch unser Leben bekennen. Daß wir die göttlichen Gebote zur Richtschnur unseres Lebens machen und ernst machen mit dem Wort: lieber sterben als sündigen! Daß wir in Gebet und aufrichtiger Buße Gottes Verzeihung und Erbarmen herabflehen auf uns, auf unsere Stadt, auf unser Land, auf unser liebes deutsches Volk! Wer aber fortfahren will, Gottes Strafgericht herauszufordern, wer unsern Glauben lästert, wer Gottes Gebote verachtet, wer gemeinsame Sache macht mit jenen, die unsere Jugend dem Christentum entfremden, die ursere Ordensleute berauben und vertreiben, mit jenen, die unschuldige Menschen, unsere Brüder und Schwestern, dem Tode überliefern, mit dem wollen wir jeden vertrauten Umgang meiden, desser Einfluß wollen wir uns und die Unsrigen entziehen, damit wir nicht angesteckt werden von seinem
gottwidrigen Denken und handeln, damit wir nicht mitschuldig werden und Somit anheimfallen dem Strafgericht das der gerechte Gott verhängen muß und verhängen wird über alle, die gleich der undankbaren Stadt Jerusalem nicht wollen, was Gott will.
0h Gott, laß uns doch alle heute, an diesem Tage, bevor es zu spät ist, erkennen, was uns zum Frieden dient!
0h heiligstes Herz Jesu, bist zu Tränen betrübt über die Verblendung und über die Missetaten der Menschen, hilf uns mit deiner Gnade,
daß wir stets das erstreben, was dir gefällt, und auf das verzichten, was dir mißfält damit wir in deiner Liebe bleiben und Ruhe finden für unsere Seelen.
Amen.